Kinder lieben es zu wandern

Wandern ist das Natürlichste der Welt und Kinder lieben es

Themenwanderwege verschandeln die Natur und bringen Leute in die Berge, die eigentlich gar nicht dort sein wollen. Zudem vermitteln sie gerade den unvoreingenommenen Kindern ein falsches Bild der Bergwelt. 

Der Blogpost von Nadja Zimmermann auf familienhaeppchen.ch (aka loumaloublog im Mai 2017) zum Wandern mit Kindern veranlasst mich zu einer Replik, weil er insinuiert, dass Kinder nicht gerne wandern würden. Und deshalb mit Themenwegen von Schellenursli bis Dinosauriern angelockt werden müssen. Ich sehe das anders. Ganz anders.

Als Kind ging ich mit meinen Eltern viel wandern. Eigentlich jeden Sommer mindestens 2 Wochen. Und ich machte das gerne. Dasselbe gilt jetzt für meine Kinder — und zwar auch schon seit je. Entscheidend ist die Einstellung der Eltern: Sind schon sie latent dagegen und machen es nur, weil es doch so schön und gesund ist, wird das Kind diese Meinung/Gefühl übernehmen, jedoch (noch) ohne das Wandern mit dem Kopf zurechtbiegen zu können. Isch es no wiit? 

Natürlich hat die Art des Weges einen Einfluss. Am besten geeignet sind kleine Wegli, bei denen man nicht weit voraus sieht, sondern nur immer bis zur nächsten Kurve oder Kuppe. Ob bergauf-, ab oder geradeaus spielt da keine Rolle. Kinder sind Menschen und deshalb zum Laufen gemacht; rein körperlich mögen die fast ewig.

«Ich mag nüme», betrifft eigentlich nie den Körper, sondern den Geist. Es ist einfach zu langweilig. Hierzu sind die Tipps von NZ hilfreich. Kleine Süssigkeiten, strategisch eingesetzt, wirken Wunder: Bis dort und dort, dann gibts wieder ein Maoam. Essen die Kinder gerne Früchte, umso besser; meine essen das kaum. Und schon ist der Weg in kleine Häppchen, im wahrsten Sinne des Wortes, aufgeteilt.

Klar, insgesamt sollte die Route schon angepasst sein. Drei- oder Vierjährige haben kurze Beine. Anhaltspunkt ist etwa die Anzahl Schritte. Meiner Erfahrung nach bewältigen aber schon Fünfjährige 500 Höhenmeter Aufstieg ohne Probleme in unter zwei Stunden. Und als meine Kinder noch kleiner waren, habe ich sie halt immer wieder mal geschultert: vor allem bei den langweiligen Wegen geradeaus. Die ungeeignetsten Wege sind Fahrsträsschen, Fahrverbot hin oder her. Und grundsätzlich achte ich auch immer darauf, dass wir nicht denselben Weg zurückgehen müssen. 

Wir machen auch keine Wege, die man mit dem Gondeli oder gar mit dem Auto hätte zurücklegen können. Das finde ich blöd. Mir ist eben gerade wichtig zu zeigen, wie schön es ist, an Orte zu kommen, die man nur zu Fuss erreichen kann. 

Entscheidend ist — wie so oft im Leben — der Kopf. Mir war es wichtig, dass meine Kinder meine Leidenschaft fürs Wandern auch mal haben. Doch wandern muss gelernt sein: bis man dann sagen kann der «Weg ist das Ziel» ist es ein langer Weg. Das Kind soll also im besten Sinne geframt werden. Dazu gehört unbedingt, negativ wertenden Kommentare zu unterlassen. «Jetzt geht es nicht bergauf», z.B. impliziert, dass bergauf etwas Schlechtes ist. Besser: «Ja, ich finde es auch gerade anstrengend, aber schau, wie schön es ist hier und weisst Du, wie schön es dann oben ist. Da haben wir Aussicht, oder da gehen wir in die Beiz oder dort machen wir ein Gipfelfoto.» 

Machtkämpfe und Grundsatzdiskussionen sind geschickt zu umschiffen. Aber eben: das klappt im Falle von Wandern eben nur, wenn die Eltern selber keine Zweifel zeigen bzw. völlig überzeugt sind. 

Die Themenwege sind diesbezüglich eher kontraproduktiv. Gerade durch sie wird das Kind geprägt, dass immer etwas geboten wird/werden muss. Dann lieber einmal im Jahr in den Europapark. In den Bergen will ich meinen Kindern nicht nochmals dieselbe Konsumhaltung weitergeben, die schon unser Leben im Flachland prägt. (Übrigens kann man auch im Flachland, zB in in um die Stadt Zürich prima wandern, auch mit Kindern.) Insofern finde ich Themenwege eben gerade nicht kindertauglich. Kindertauglich ist in der Schweiz grundsätzlich jeder Wander- oder Bergweg. (ab 5 Jahren).

(© yves tardent, mai 2017)

Leave a Comment

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.